Nachdem sich die Piloten in den ersten Runden belauerten, sorgte Vettel nach sieben Umläufen für den ersten Aufreger: Ohne Fremdeinwirkung verlor er in der Ascari-Schikane sein Heck und drehte sich. Dem nicht genug, fuhr der Heppenheimer anschließend scheinbar achtlos zurück auf die Strecke und rammte dabei Lance Stroll.
Der Racing-Point-Pilot drehte sich durch die Berührung und schob beim Losfahren wiederum Pierre Gasly vom Asphalt. Die Folge: Vettel bekam von den Stewards eine Stop-and-Go-Strafe (10 Sekunden) aufgebrummt und war zwischenzeitlich überrundeter Letzter. Stroll kassierte eine Durchfahrtsstrafe.
Deutlich besser lief es zu diesem Zeitpunkt für Leclerc. Der Monegasse behauptete lange souverän seine Spitzenposition, erst nach dem Boxenstopp hatte er ernsthaft mit dem Tempo von Verfolger Hamilton zu kämpfen. Immer wieder startete der Engländer jetzt einen Angriff, tat sich aber aufgrund des Ferrari-Topspeeds schwer. Zudem verteidigte sich Leclerc mit den Messern zwischen den Zähnen, sodass Hamilton keinen Weg vorbei fand. Selbst ein Verbremser Leclercs änderte daran nichts.
"Was für ein Rennen! Ich war noch nie so müde", sagte Leclerc nach der Zieleinfahrt: "Ich habe einen kleinen Fehler gemacht, da muss ich vorsichtig sein. Aber ich bin als Erster über die Linie gefahren und das zählt." Gegenüber Sky ergänzte er: "Wenn man mit Ferrari einen Grand Prix gewinnen muss, dann diesen hier. Das ist also mehr, als ich mir jemals hätte erträumen lassen."
Der dahinter fahrende Bottas kam durch den Zweikampf der beiden Führenden näher und profitierte schließlich von einem Fehler Hamiltons: Der amtierende Weltmeister verpasste die erste Schikane und musste in die Auslaufzone - Bottas ging ohne Mühe vorbei.
Als Best of the Rest beendeten die beiden Renault-Fahrer Daniel Ricciardo und Nico Hülkenberg ihr Rennen auf den Plätzen vier und fünf. Die Top 10 komplettierten Alexander Albon im Red Bull als Sechster sowie Sergio Perez (7./Racing Point), Max Verstappen (8./Red Bull), Antonio Giovinazzi (9./Alfa Romeo) und Lando Norris (10./McLaren).
Nach dem letzten Rennen in Europa in dieser Saison bleibt Hamilton mit 284 Zählern weiter Führender der WM-Wertung vor Bottas (221). Leclerc hat nun mehr Punkte auf seinem Konto als Vettel (182 zu 169). Dazwischen rangiert Verstappen mit 185 Punkten.
Italien-GP: Der Start
An der Spitze kamen die ersten drei Fahrer in etwa gleich gut vom Fleck, sodass alles beim Alten blieb. Vettel dahinter startete weniger gut und bekam sofort Druck von den beiden Renault-Fahrern - ganz zur Freude von Hülkenberg, der sich in der ersten Schikane Ricciardo schnappte und in der zweiten Vettel kassierte.
Im hinteren Feld mussten derweil mehrere Fahrer in der ersten Kurve geradeaus fahren, um größere Kollisionen zu vermeiden. Das galt auch für Verstappen, der zu spät bremste, seinen Vordermann berührte und die Frontpartie seines Wagens ramponierte.
Reifenstrategie beim Italien-GP
Durch seinen Zusammenstoß kam Verstappen schon nach einer Runde an die Box. Für ihn ging es mit neuer Nase von Mediums auf Softs. Ein ähnliches Schicksal ereilte auch Vettel, der nach einem Frontflügelschaden ebenfalls früh zum Stopp musste. Nach sieben Runden ging es für ihn auf Hards weiter, nach Runde 42 für einen Schlussspurt auf Mediums.
An der Spitze ging das Boxentreiben nach 19 Runden los. Mercedes holte Hamilton herein und schnallte ihm die Mediums auf. Ferrari reagierte einen Umlauf später, um den Undercut zu verhindern und gab Leclerc die harten Pneus mit auf den Weg - eine alternative Wahl, um dem höheren Reifenverschleiß des roten Autos Rechnung zu tragen.
Für einen ganz anderen Weg entschied sich die Silber-Mannschaft bei Bottas, der erst nach 28 Runden zum Boxenstopp kam. An seiner Position änderte das aber nichts.
Hamilton kam wenige Runden vor Schluss noch ein zweites Mal zum Stopp, nachdem seine alten Reifen gehörig mitgenommen waren. Seine Platzierung blieb gleich, dafür holte er sich mit Softs noch die schnellste Rennrunde.
Highlight des Rennens: Charles Leclerc vs. Lewis Hamilton
Nach den Boxenstopps nahm das Duell um die Führung Fahrt auf. In Runde 22 zeigte sich Hamilton das erste Mal hinter Leclerc, doch wirklich zur Sache ging es eine Runde später: Hamilton attackierte Leclerc, der durch ein Überholmanöver von Hülkenberg aufgehalten wurde, durch die Curva Grande hindurch und setzte sich bei der Anfahrt auf die anschließende Schikane außen daneben. Leclerc gab nicht nach und drückte Hamilton aufs Gras. Der Weltmeister verlor Zeit, Leclerc kassierte eine Verwarnung.
Top des Rennens: Charles Leclerc
Hart verteidigt, trotz Dauerdruck von Hamilton nur ein kleiner Fehler - was Leclerc an diesem Sonntag zeigte, war großes Kino. Zwar hatte er etwas Glück, keine Strafe von der Rennleitung kassiert zu haben, ansonsten aber ein rundum starker Auftritt des 21-jährigen. Ein verdienter zweiter GP-Sieg und der erste Erfolg für Ferrari seit neun Jahren beim Heimspiel (Fernando Alonso 2010).
Flop des Rennens: Sebastian Vettel
Ein Dreher ohne Not? Sieht immer amateurhaft aus und sollte besonders einem viermaligen Champion nicht passieren. Vettel machte mit dem Fauxpas sein Rennen vor den Augen der tausenden Tifosi kaputt und muss sich nun um seinen Nummer-1-Status im Team sorgen.