Ein Edelmann mit Racer-Gen

Lange vor Schumacher und Vettel fuhr Trips schon im roten Ferrari
© imago
Cookie-Einstellungen

Dass sich der in Köln geborene Graf für den Motorsport interessieren würde, war früh ersichtlich. Seit ihn die Eltern mit an den Nürburgring nahmen, war der Knabe regelrecht infiziert vom Benzin-Virus.

Zum Bedauern dieser: Eigentlich sollte der Sprössling auf dem stattlichen Familiensitz Burg Hemmersbach auf die Übernahme des landwirtschaftlichen Betriebs vorbereitet werden. Doch der junge Trips beschäftigte sich lieber mit den Autos seiner Eltern, die er heimlich über das Schlossgelände fuhr.

Auch als sich die rennsportlichen Erfolge häuften, hielten die Eltern reichlich wenig von den Aktivitäten ihres Sohnes - und drehten kurzerhand den Geldhahn zu. Doch auf den Rennsport verzichten? Das wollte der rasende Graf auf keinen Fall.

Die Situation forderte vielmehr seine Kreativität. Um weitere Streitereien mit der Familie zu umgehen, fuhr Trips unter dem Pseudonym "Axel Linther" weiter. Obwohl die Tarnung sehr bald aufflog, besänftigten sich die elterlichen Gemüter, nachdem der Renngraf die Diplom-Prüfung zum Landwirt bestand. Tags zuvor hatte sich das Multitalent noch den Meistertitel beim Eifelrennen geschnappt.

Nach weiteren Erfolgen war Ferrari offenbar beeindruckt genug, um den Mann mit dem großen Hunger - Trips hatte bei jedem Rennen ein Butterbrot dabei - unter Vertrag zu nehmen.

Ruf als Count Crash

Im August 1956 war es dann endlich soweit: Graf Trips durfte als Reservefahrer der Scuderia das erste Mal in seinem Leben einen Formel-1-Boliden steuern.

Das Vergnügen in Monza war jedoch nur von kurzer Dauer. Nach einem Lenkhebelbruch verlor Trips die Kontrolle über den Ferrari und überschlug sich zwei Mal. Wie durch ein Wunder blieb der Rheinländer unverletzt. Die Scuderia verpflichtete ihn fest für die folgende Saison.

Am 13. Januar stand dann das Formel-1-Debüt in Buenos Aires an. 32 Runden vor Schluss übernahm Trips den Wagen von Peter Collins und fuhr einen hervorragenden sechsten Platz ins Ziel.

Doch auch in Trips' Karriere lief nicht alles perfekt. Nach einem Auffahrunfall beim Italien-GP 1958 gaben ihm die britischen Medien den unrühmlichen Spitznamen Count Crash.

Die Folgen des Unfalls waren für Trips aber weit schlimmer als nur ein schlechter Ruf. Mit einer Knieverletzung fiel der Graf zwei Monate aus, die Karriere erlitt ihren ersten herben Dämpfer, Enzo Ferrari plante für 1959 ohne den Grafen.

Ein schweigender Held

So sportlich unerfolgreich das Jahr auch endete, menschlich bewies der Graf seine Ritterlichkeit allemal. Beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans stoppte Trips seinen Wagen trotz Siegchancen, um den verunglückten Franzosen Jean Hebert aus seinem brennenden Wrack zu befreien - und ihm damit das Leben zu retten.

Die Aktion fand fernab jeglicher Kameras statt. Der Retter selbst verlor in der Öffentlichkeit nie ein Wort über das Geschehene. Erst ein Dankesschreiben Heberts, das sich in Trips' Nachlass befand, gab Aufschluss über die Heldentat.

8:59.9 Minuten für die Geschichte

Nach seinem zwischenzeitlichen Aus in der Formel 1 lag die Konzentration des Blaublüters 1959 voll und ganz auf anderen Rennserien. Erneut zeigte er dabei sein außerordentliches Talent, fuhr das Jahr über mehrere Erfolge ein.

Das blieb auch Enzo Ferrari nicht verborgen. Der Italiener gab seinem Schützling eine zweite Chance und setzte ihn zu Beginn der 60er-Jahre wieder als Werksfahrer in der Formel 1 ein.

In seiner Comeback-Saison war für Trips mit dem unterlegenen Ferrari nicht viel mehr drin als ein sechster Rang in der Fahrerwertung. Doch schon ein Jahr später ging es deutlich bergauf.

Aufgrund von zahlreichen Regeländerungen dominierte Ferrari die Saison '61. Beim Großen Preis von Deutschland und Europa gelang es Graf Trips als erstem Fahrer überhaupt, eine Runde auf dem Nürburgring in weniger als neun Minuten zu beenden. Eine Fabelleistung, die in die Geschichtsbücher einging.

F1-Legenden-Serie: Die Besten aller Zeiten

Im niederländischen Zandvoort gewann er schließlich sein erstes Formel-1-Rennen. Nur wenig später folgte Triumph Nummer zwei. Beim Regen-Grand-Prix in Großbritannien deklassierte Taffy, wie ihn die Engländer mittlerweile nannten, seine Konkurrenz sogar um eine halbe Minute.

Die Saison verlief weiter hervorragend, der fliegende Graf raste weiter von Punkt zu Punkt und hatte den Titel fest im Visier.

Doch dann kam Monza. Und alles war vorbei.

Wegbereiter für Schumi und Co.

Was blieb nach dem plötzlichen Tod vom ersten deutschen Helden in der Formel 1? Es sind nicht nur die sportlichen Erfolge, die Siege, der posthume Vizetitel.

Trips war ein Botschafter des deutschen Sports. Er schuf mit dem Deutschen Sportfahrer Kreis e.V. und der Scuderia Colonia sportliche Klubs für das Gemeinwohl, finanzierte eine Nachwuchsserie und tat etwas, für das ihm noch heute tausende Menschen danken werden: Er brachte den Kartsport nach Deutschland.

Nach seinem Tod eröffnete sein Fan-Klub schließlich eine Kartbahn in Horrem, an deren Planung Trips selbst noch Teil hatte. Später wurde sie in Kerpen neugebaut, erweitert - und von zwei gewissen Schumacher-Brüdern als Stammstrecke benutzt. Auch Sebastian Vettel, Nick Heidfeld und Heinz-Harald Frentzen trainierten hier in ihrer Jugend Runde um Runde.

Es ist also nicht vermessen zu sagen: Ohne Graf Trips hätte es die Karrieren von zahlreichen deutschen Motorsportgrößen wohl nie gegeben. Einen größeren Nachlass kann es für einen Motorsportliebhaber wie den Grafen kaum geben.

Der Rennkalender 2016

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema