Formel 1: Mercedes-Chef Toto Wolff: "Wir sind nicht in der Favoritenrolle"

Von APA
Neuer Mercedes F1 W10 laut Wolff noch "zickig"
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Weltmeister Mercedes ist vor dem Formel-1-Saisonstart in Australien "von der Favoritenrolle in die Challenger-Rolle gerückt". So brachte Motorsportchef Toto Wolff den Status quo bei den "Silberpfeilen" auf den Punkt. Der Wiener erwartet Ferrari in Melbourne ganz vorne und eine weitere Aufholjagd seiner Truppe. Champion Lewis Hamilton hat Wolff "noch nie so gut drauf gesehen nach dem Winter".

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Obwohl Mercedes die Formel 1 in der Turbo-Hybrid-Ära dominiert und heuer als erstes Team der Geschichte zum sechsten Mal beide WM-Titel gewinnen könnte, gab sich Wolff vor dem Flug nach Australien kleinlaut. "Angesichts der Eindrücke aus Barcelona erwartet uns in Melbourne ein harter Kampf", sagte der Teamchef. "Wenn man sich die Testergebnisse über die acht Tage anschaut, haben wir es am letzten Tag auf den Punkt gebracht mit einer schnellen Runde, aber auf den Rennsimulationen war es nicht ganz so stark."

Vor allem habe Ferrari "ein Auto auf die Strecke gestellt, das vom ersten Tag an gut funktioniert hat. Der Sebastian (Vettel; Anm.) hat gesagt, das Auto fährt dorthin, wo ich es hin haben will. Bei uns war es zumindest die ersten sechs, sieben Tage zickig", verriet Wolff im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur. Der Wagen sei noch nicht optimal ausbalanciert. "Wir haben ein Problem gehabt mit der Stabilität im Highspeed mit ein bisschen Übersteuern, und wir haben im Lowspeed, vor allem im letzten Sektor durch die Schikane, ein untersteuerndes Auto gehabt."

Ferrari habe derzeit über eine volle Renndistanz einen Vorteil, prognostizierte Wolff. "Aber das ist nichts, das neu für uns ist. Das haben wir in den letzten Jahren schon gehabt, dass wir das Auto zuerst verstehen müssen und dann hintunen müssen." Die Situation habe es 2017 und 2018 auch schon gegeben. "Irgendwie ist es in diesem Jahr auch so, dass wir den Eindruck haben, dass wir nicht in der Favoritenrolle sind, und die Zeiten belegen das auch ganz klar. Aber das ist etwas, das uns Spaß macht, dieses Defizit aufzuholen."

2018 lag Ferrari-Mann Vettel bis nach dem Silverstone-Grand-Prix in der WM-Wertung noch voran, Mercedes machte den Rückstand dann aber schnell wett. Im Herbst zeigte Hamilton Vettel buchstäblich den Auspuff. Eine Ursache dafür war, dass die Scuderia bei der Entwicklungsarbeit am Auto punktuell patzte und auch an den Strecken viele Fehler passierten. Hinzu kam eine Unruhe in der Mannschaft, weil sich Teamchef Maurizio Arrivabene und Technikchef Mattia Binotto dem Vernehmen nach nicht blendend verstanden. Mittlerweile ist Arrivabene Geschichte, Binotto rückte an seine Stelle.

Toto Wolff: "Habe Hamilton noch nie so gut drauf gesehen nach dem Winter"

Der Fahrer ist eine weitere Variable, die am Ende den Ausschlag geben könnte. Wolff schwärmt von seinem Topstar Hamilton. "Ich habe ihn in den vielen Jahren, die wir zusammenarbeiten, es ist das siebente Jahr jetzt, noch nie so gut drauf gesehen nach dem Winter. Er ist physisch fit, mental fit, in gutem Spirit", berichtete der Österreicher über den 34-jährigen Titelverteidiger. "Ihn nach fünf Fahrertiteln noch immer so motiviert zu sehen, ist ein guter Start für die Saison." Der Brite hat von den vergangenen 100 Grand-Prix-Rennen 51 gewonnen. Bei insgesamt 73 Siegen fehlen ihm noch 18 auf Rekordhalter Michael Schumacher.

Neu in dieser Saison ist die Regel, dass der Fahrer mit der schnellsten Rennrunde einen zusätzlichen WM-Punkt erhält, sofern er innerhalb der Top Ten ist. "Da kannst du schon viele Punkte sammeln", meinte Red-Bull-Ass Max Verstappen im Interview bei 'ServusTV'. "Fünf oder sechs schnellste Runden in einem Jahr sind fünf oder sechs Punkte mehr." Auch Red-Bull-Berater Helmut Marko begrüßte die neue Regelung: "Das macht von der Taktik her andere Möglichkeiten."

Möglicher Dreikampf an der Spitze

Laut Marko wird Red Bull 2019 einen Angriff auf Mercedes und Ferrari starten. Nach den Testfahrten schätzte Marko, dass Red Bull auf eine Runde zwei Zehntel vor Mercedes liegt. Wolff wollte das so zwar nicht stehenlassen. "Ich glaube, es kann niemand sagen, ob jemand zwei Zehntel vorne ist oder zwei Zehntel hinten. Das würde bedeuten, wir wüssten wie viel die anderen Sprit drin gehabt haben, und das wissen wir schlichtweg nicht."

Einen Dreikampf an der Spitze würde aber auch er willkommen heißen. "Ich denke, für die Formel 1 wäre es gut, wenn zumindest drei Teams auf Augenhöhe sein würden. Im Moment sieht es so aus, als würde Ferrari die Nase vorne haben, zwischen Red Bull und Mercedes passt nicht viel. Aber wie gesagt, Samstag und Sonntag werden wir vielleicht ein bisschen mehr verstehen." Der erste Grand Prix der Saison im Albert Park in Melbourne findet am Sonntag (6.10 Uhr MEZ/live ORF eins) statt.

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